Ausstellung in der ehemaligen JVA Magdeburg
Zerbster Künstler hinter Gittern
Von Bianca Schwingenheuer
Die Bilder von Klaus Fezer bilden nur einen kleinen Teil der Ausstellung in der
ehemaligen JVA Magdeburg. | Foto: Bianca Schwingenheuer
Über 250 Künstler haben die ehemalige Justizvollzugsanstalt in Magdeburg wieder
zum Leben erweckt. Unter dem Motto "Neue Sinnlichkeit" präsentieren sie noch bis
September ihre Werke. Einer von ihnen ist Klaus Fezer aus Zerbst.
Zerbst/Magdeburg l Enge Durchgänge, schwere Eisentüren, Stacheldraht - in der
ehemaligen Justizvollzugsanstalt Magdeburg verbüßten noch vor zwei Jahren
Gefangene ihre Haftzeit. Heute stehen die Türen offen. In jeder Zelle verbirgt
sich etwas anderes. Aber alles ist Kunst. "Man muss nicht alles gut finden, aber
es ist bezeichnend, dass da drin alles mögliche ist", sagt einer, der selbst
`Hinter Gittern` ausstellt.
Klaus Fezer hat die Aktmalerei ins Gefängnis gebracht. "Ich habe das Motto `Neue
Sinnlichkeit` wörtlich genommen", erklärt er die Idee hinter der Gestaltung. Der
Grundgedanke sei die Sehnsucht der Häftlinge nach draußen, die zu
Gefängniszeiten wohl durch schmutzige Bildchen im Spind Ausdruck gefunden hätte.
Fezer setzt diese Gedanken künstlerisch und ästhetisch um.
Klaus Fezer in seinem Atelier | Foto: Bianca
Schwingenheuer
Dabei ist nichts dem Zufall überlassen worden. "Ich finde die mir zugewiesene
Zelle richtig gut, das passt zu meiner Arbeit", sagt Fezer. Wie groß die Flächen
sind und wie das Licht fällt - all das hat sich der Künstler zur Vorbereitung
genau angeschaut. Dabei war der Zerbster von der Atmosphäre im "Knast"
beeindruckt. "Ich war das erste Mal in meinem Leben im Gefängnis, als es darum
ging, die Zelle zu besichtigen", erzählt er. Alles sei heruntergekommen und
dreckig gewesen. "Das war schon sehr beklemmend." Die Gedanken an die früheren
Bewohner und deren Geschichten lösten in Klaus Fezer ein Gefühl von Fremde aus.
"Ich bin froh, dass ich das Fremde derart verändern und mit Leben füllen
konnte", sagt der ehemalige Kunstlehrer. Wichtig sei ihm auch gewesen, dass die
Werke zueinander passen.
Abstand als Schutz vor Betriebsblindheit
Die neun ausgestellten Gemälde sind nicht eigens für die Ausstellung entstanden.
"Ich brauche immer etwas zeitlichen Abstand zu meinen Bildern, bevor ich sie
vorstelle", sagt Klaus Fezer über seine Herangehensweise. Malerei und Grafik
sind die bevorzugten Techniken des Künstlers, der hauptsächlich in seinem Haus
unterm Dach malt. Hauptsächlich sind Menschen abgebildet, auf manchen auch
Landschaften. Auf dem nebenstehenden Bild ist beispielsweise ein Klatschmohnfeld
zu sehen. Aber auch Musik spielt für Klaus Fezer eine wichtige Rolle. "Ich male
Musik, allerdings ist das dann meist gegenstandslos", erklärt er. Im ehemaligen
Gefängnis sind allerdings ausschließlich Menschen zu sehen.
Andere der ausstellenden Künstler haben sich dafür entschieden, ihre Zellen zu
streichen und komplett umzugestalten. So auch die zweite teilnehmende Zerbster
Künstlerin Sabine Brauns. Sie lädt zum Verweilen in ihrer Zelle ein. Rings um
die Wände sind Bilder des Himmels vom 14. April 2014 aufgehängt, in der Mitte
liegt ein Strickschal, der als Ergebnis dieses Tages entstanden ist. "Ich hoffe,
dass die Menschen beim Reinschauen für einen Moment den Zellencharakter
vergessen", so Brauns. Mit ihrer Gestaltung wollte sie der Zelle einen neuen
Charakter geben und das Motto "Neue Sinnlichkeit" umsetzen. Klaus Fezer hat sich
gegen eine solche Umgestaltung entschieden. Er wollte den Charakter des
Gefängnisses bewahren, inklusive Kritzeleien an den Wänden und aller
Gebrauchtspuren.
"Ich hoffe sehr, dass viele Leute vorbeikommen", so Fezer. Vor allem geht es ihm
darum, dass die Menschen vor seinen Bildern verweilen und sich Gedanken über die
Intention hinter den ausgestellten Werken machen. Sie sollen mit den Bildern ins
Gespräch kommen, wünscht sich der Zerbster Künstler. Das Nachdenken über die
eigenen Vorstellungen, Wünsche, Kenntnisse und Fragen sollte dabei im
Mittelpunkt der Betrachtungen stehen.